Flying Viking


 
 

HSC "Flying Viking" am 6. Juli 2002 an den Hamburger Landungsbrücken vor der Jungfernfahrt zum Roten Felsen. Besonders auffällig sind die vorderen, großen Panoramascheiben auf den beiden Passagierdecks. Im Gegensatz zu allen bisher im Helgoland-Dienst eingesetzten Katamaranen verfügt "Flying Viking" über ein durchgehendes Oberdeck für Passagiere. Die Kommandobrücke befindet sich separat ein Deck darüber.
 
 
 
 

Überraschend brachte die Förde-Reederei Seetouristik Flensburg (FRS) während der laufenden Helgoland-Saison 2002 einen neuen Groß-Katamaran auf der Route Hamburg - Wedel - Cuxhaven - Helgoland u.z. zum Einsatz. Das Schiff ersetzt ab dem 6. Juli 2002 den bisher verkehrenden Katamaran "Hanse Jet II", der nun zusätzlich auf der Route Cuxhaven - Helgoland u.z. pendelt. Für die nächste Saison ist der Einsatz eines noch größeren Katamarans vorgesehen. Dabei wird es sich um einen 50 Meter-Neubau der FRS handeln. Der Auftrag für den 12,5 Millionen EURO teuren Neubau wurde vor kurzem der norwegischen Werft Fjellstrand erteilt. Von dieser Werft stammt auch der jetzt eingesetzte Katamaran "Flying Viking". Er ist jedoch nicht Eigentum der FRS, sondern nur für diese Saison gechartert, um den Reisenden schon einmal einen Vorgeschmack auf den Komfort der kommenden Saison zu bieten.

Technische Daten HSC "Flying Viking":
Länge über alles 45,00 m
Breite über alles 11,20 m
Geschwindigkeit 35 Kn / ca. 64 km/h
Fahrgäste 354 Personen
Bauwerft Fjellstrand / Norwegen
Baujahr Frühjahr 2002
Besonderheiten Klimaautomatik, gastronomischer Service am Platz

Der Tag der Jungfernfahrt war zunächst nicht ganz klar. Auf der Homepage der FRS fanden sich zum Teil widersprüchliche Angaben: Der 3. Juli wurde genannt, an einer anderen Stelle der 6. Juli und erneut woanders etwas unpräziser nur "ab Juli 2002". Eine Nachfrage bei der Reederei ergab, das der Termin davon abhänge, wie schnell das Schiff aus Norwegen überführt werden könne, spätester Termin sei aber auf jeden Fall der 6. Juli. Eigene Recherchen ergaben, daß bis zum 5. Juli noch der "Hanse Jet II" in Betrieb war. Das FRS-Büro an den Hamburger Landungsbrücken bestätigte am Nachmittag des 5. Juli, daß ab morgen der HSC "Flying Viking" fahren würde und noch wenige Restkarten zu erwerben seien. Ich buchte eine Tagesrückfahrkarte für EUR 65,- und erhielt Fahr- und Bordkarte (beide rechts) für Platz 278 auf dem Hauptdeck mit Blick durch die vorderen Panoramafenster. Von der zunächst vorgesehenen Unterteilung des Schiffes in Economy- und Buisiness-Bereich (sollte EUR 90,- statt EUR 65,- kosten) wurde kurzfristig wieder Abstand genommen. Das Schiff verfügt somit über 354 Sitzplätze in einer Klasse.


 
 
 

Der HSC "Flying Viking" kurz vor der Abfahrt zur Jungfernfahrt an den Hamburger Landungsbrücken. Heimathafen des Schiffes ist Bergen / Norwegen. Leider zeigte sich das Wetter nicht von seiner besten Seite.
 
 
 
 
 
 

Am Morgen des 6. Juli lag dann "Flying Viking" an den Hamburger Landungsbrücken zum Einstieg bereit. Direkt vor ihm befand sich der Katamaran "Vargøy", mit dem die Konkurrenz-Reederei "Speedways" 1997 den Katamaran-Verkehr zwischen der Hansestadt und Helgoland eröffnete. Der bisher von der FRS eingesetzte Cat "Hanse Jet II" entsprach in seiner Größe etwa der "Vargøy". Der Einsatz von "Flying Viking" bedeutet nun einen Sprung in eine neue Größenklasse. Sowohl "Flying Viking" als auch "Vargøy" haben in Hamburg eine fahrplanmäßige Abfahrt von 9:00 Uhr. Speedways gibt für seinen Cat eine Fahrzeit von ca. 3 Stunden bis zum Roten Felsen an, die jedoch nicht immer erreicht wird. Bei der FRS sind es 3 Stunden und 40 Minuten. Die längere Fahrzeit begründet sich unter anderem durch einen zusätzlichen Zwischenstop in Wedel. Der Fahrplan des HSC "Flying Viking" wurde vom HSC "Hanse Jet II" unverändert übernommen.
Den meisten Passagieren war der Schiffstausch "Hanse Jet II" <> "Flying Viking" offenbar gar nicht bekannt. Viele suchten an den Landungsbrücken den vertrauten "Hanse Jet II". Fahrgäste, die die Reise extra wegen Jungfernfahrt gebucht hatten, waren eindeutig in der Unterzahl. Ein Fernsehteam drehte einen Bericht über die Jungfernfahrt, der am selben Abend im Hamburger Journal auf N3 ausgestrahlt wurde.

Im Inneren des fabrikneuen Schiffes fallen sofort die großzügigen und modernen Räumlichkeiten mit dem sehr guten Rundumblick und die angenehmen klimatischen Bedingungen auf. Die Beinfreiheit der Sitzplätze ist deutlich großzügiger bemessen als z.B. im Flugzeug oder im ICE. Es gibt sowohl Sitzlandschaften mit Reihenbestuhlung als auch Vis-a-Vis-Bereiche mit festen Tischen. Einzig die ziemlich unübersichtlich angebrachten Sitzplatznummern führen anfangs bei den Fahrgästen und auch bei der Besatzung zu Verwirrung. Für das gesamte Schiff wird ein gastronomischer "Am-Platz-Service" mit Snacks, kleinen Gerichten, kalten und heißen Getränken angeboten. Das längere Suchen der entsprechenden Sitzplätze durch das Servicepersonal aufgrund der gewöhnungsbedürftigen Numerierung ist auf der Jungfernfahrt verständlich und wird sich sicherlich bald geben. Der Service ist sehr aufmerksam, die Preise bewegen sich für Helgoland-Fahrten im normalen Rahmen (Auszug aus der Karte: Becks 0,33-l-Flasche EUR 2,50, Coca Cola 0,3-l-Becher EUR 2,00, große Tasse Kaffee EUR 3,00, Bockwurst mit Brot EUR 2,50, Apfelkuchen EUR 2,00). Auf dem Schiff liegen noch die Karten des HSC "Hanse Jet II" aus. Auf komplette warme Gerichte, die auf konventionellen Seebäderschiffen, wie z.B. der "Wappen von Hamburg (III)", geboten werden, muß auf "Flying Viking" allerdings verzichtet werden.

Bei der Abfahrt in Hamburg sind bei weitem nicht alle Sitzplätze belegt, schätzungsweise beträgt die Auslastung 25%. Bereits kurz vor 9:00 Uhr hatte der Katamaran "Vargøy" die Landungsbrücken verlassen. Als kurz nach 9:00 Uhr "Flying Viking" die Leinen losmachte, war die "Vargøy" bereits im diesigen Hamburger Nieselregen aus dem Blickfeld durch die vorderen Panoramafenster verschwunden. Noch konnte man die enorme Motorleistung von "Flying Viking" nicht spüren. Aufgrund von Geschwindigkeitsbeschränkungen im Hamburger Hafenbereich geht es bis Wedel zunächst nur langsam voran. Das große Schiff wirkt am kleinen Anleger in Wedel etwas überdimensioniert. Entsprechend vorsichtig und langsam ist das erste Anlegemanöver mit diesem Schiff. Ca. 15 Fahrgäste steigen zu. Als das Schiff gegen 10:00 Uhr in Wedel ablegt (planmäßig 9:30 Uhr) scheint bereits klar zu sein: Die anvisierte Ankunftszeit um 12:40 Uhr in Helgoland ist nicht realistisch. Weiter geht es die Elbe hinab, jetzt mit höherer Geschwindigkeit. Immer wieder muß das Schiff jedoch die Fahrt reduzieren, da dies durch Langsamfahrstellen vorgeschrieben ist oder Lotsen aufgenommen bzw. abgesetzt werden müssen.

Kurz vor 12 Uhr ist Cuxhaven erreicht. Der Kapitän erklärt über Bordlautsprecher, daß das Schiff derzeit eine Verspätung von 40 Minuten habe. Dafür gebe es drei Gründe: 1.) Die Anlegemanöver seien auf der ersten Fahrt etwas zeitintensiver. 2.) Auf den ersten Fahrten sei die Mitnahme eines Lotsen vorgeschrieben. Das Aufnehmen und Absetzen der Losten koste zusätzliche Zeit. 3.) Der Gezeitenstrom in der Elbe hätte an diesem Morgen nicht ungünstiger sein können (dies soll laut Aussage eines Helgoländer Seglers in der Tat bis zu 5 kn ausmachen können). In Cuxhaven wird das Schiff deutlich voller, etwa 90% aller Sitzplätze sind belegt. Der Aufenthalt in Cuxhaven dauert bis 12:15 Uhr. Jetzt dreht der Cat richtig auf. Mit scheinbar unbändiger Kraft wirbeln die Propeller das Wasser auf (Bild rechts). Schnell verschwindet die Silhouette von Cuxhaven am Horizont, und vorbei geht es an Neuwerk und Scharhörn auf die offene See. Es herrscht Wind aus Südwest mit Stärke 3 bis 4. Im Vergleich zur Elbe nimmt die Höhe der Wellen sichtbar zu. Dennoch liegt das Schiff absolut ruhig und scheint über die Wellen zu gleiten. Im Gegensatz zu anderen Cats im Helgoland-Dienst ist auch bei Höchstgeschwindigkeit der Aufenthalt auf dem hinteren, oberen Freideck gestattet. Da das Wetter besser wird, nutzen zahlreiche Fahrgäste diese Möglichkeit. Etwa auf halber Strecke zwischen Cuxhaven und Helgoland kommt die "Vargøy" der "Flying Viking" bereits wieder entgegen. Die "Vargøy" hatte - vom Gezeitenstrom der Elbe offenbar unbeeindruckt - den Roten Felsen planmäßig um kurz nach 12 Uhr erreicht und befindet sich bereits auf dem Rückweg (Mittagstour nach Cuxhaven). Einige Fahrgäste machen einen etwas irritierten Eindruck.


 
 
 
 

"Flying Viking" kurz nach der Ankunft im Helgoländer Südhafen. Sehr gut zu erkennen sind die vorderen Panoramafenster auf dem Haupt- und dem Oberdeck (6. Juli 2002).
 
 
 
 
 
 
 

Gegen 13:15 Uhr taucht die Insel am Horizont auf. Noch etwa 15 Minuten mit Höchstgeschwindigkeit, dann ist Helgoland erreicht - gegenüber der fahrplanmäßigen Ankunft mit ca. 50 Minuten Verspätung. Das Schiff wird von zahlreichen Schaulustigen und mehreren Repräsentanten der Insel erwartet und legt vor dem Hafenmeisteramt im Südhafen an. Dies ist auch der Liegeplatz für alle anderen Katamarane. Während der Zeit bis zur Abfahrt um 16:30 Uhr wird "Flying Viking" diesen Liegeplatz nicht verlassen. Zwischenfahrten wie z.B. von HSC "Vargøy" nach Cuxhaven finden nicht statt und sind mit "Flying Viking" auch nicht geplant. Ab dem 8. Juli werden diese vom "Hanse Jet II" durchgeführt.

Der Kapitän bittet die Tagesgäste, spätestens um 16:20 wieder an Bord zu sein, damit eine pünktliche Abfahrt des Schiffes gewährleistet ist. Aufgrund der Verspätung bei der Hinfahrt und des damit ohnehin verbundenen kürzeren Inselaufenthaltes treffen die meisten Fährgäste auch erst kurz vor 16:20 Uhr wieder am Schiff ein. Bis auf ganz wenige Ausnahmen sind alle Sitzplätze belegt. Bereits einige Minuten vor 16:30 Uhr bricht "Flying Viking" zur Rückfahrt nach Hamburg auf. Im Hafenbecken begegnet er der "Vargøy", die gerade wieder aus Cuxhaven eintrifft. "Vargøy" verläßt die Insel planmäßig um 17:00 Uhr und wird "Flying Viking" daher in 30 Minuten folgen. Kurz nach der Abfahrt aus Helgoland überholt "Flying Viking" das zur selben Zeit von der Helgoländer Reede aufgebrochene Seebäderschiff "Wappen von Hamburg (III)", welches sich ebenfalls auf dem Weg nach Cuxhaven befindet.


 
 
 
 
 

Während die Tagesgäste die Insel besuchen, liegt die "Flying Viking" im Helgoländer Südhafen (6. Juli 2002).
 
 
 
 
 
 

Nach einer rasanten Fahrt trifft "Flying Viking" gegen 17:45 Uhr planmäßig in Cuxhaven ein. Die Mehrheit der Fahrgäste steigt hier aus. Der Zwischenstop dauert ca. 15 Minuten. Bei der Ausfahrt aus dem Cuxhavener Hafenbecken trifft die "Vargøy" bereits in Cuxhaven ein. Bei einer 30 Minuten späteren Abfahrt von "Vargøy" in Helgoland und einem "Flying Viking"-Aufenthalt von ca. 15 Minuten in Cuxhaven läßt sich festhalten, daß "Vargøy" die Strecke Helgoland - Cuxhaven ca. 15 Minuten schneller zurückgelegt haben muß als "Flying Viking", das ist etwa ein Viertel der Gesamtfahrzeit auf dieser Strecke. Erneut schauen mehrere Fahrgäste beim Anblick der offenbar schnelleren "Vargøy" etwas erstaunt.
Ab Cuxhaven ist das Schiff jetzt wieder zu ca. 25% ausgelastet. Bei Brunsbüttel erfolgt - wie schon auf der Hinfahrt - ein Lotsenwechsel, der etwas Zeit kostet. In Höhe Glückstadt hat "Vargøy" "Flying Viking" eingeholt und zieht vorbei. Noch eine ganze Weile läßt sich die vorausfahrende "Vargøy" durch die vorderen Panoramafenster beobachten, ehe sich der Cat durch den Halt in Wedel aus dem Blickfeld verliert. Wedel wird gegen 19:50 Uhr erreicht (planmäßig 19:30 Uhr). Etwa 10 Fahrgäste verlassen das Schiff, ehe es nach 10 Minuten weiter nach Hamburg geht. Die Geschwindigkeit ist, wie schon auf der Hinfahrt, in diesem Bereich ziemlich moderat. Die Jungfernfahrt endet um 20:45 Uhr wieder an den Landungsbrücken, also 45 Minuten nach der fahrplanmäßigen Ankunft. Damit läßt sich feststellen, daß sich sowohl auf der Hinfahrt als auch auf der Rückfahrt die größte Verspätung jeweils im Abschnitt zwischen Hamburg und Wedel ergeben hat. Abgesehen von den Verspätungen hat das Schiff die Jungfernfahrt problemlos gemeistert. Fast alle Fahrgäste sind bei der Ankunft in Hamburg von der Fahrt des neuen Schiffes im positiven Sinne beeindruckt.

Sicherlich war damit zu rechnen, daß die Fahrzeit auf der Jungfernfahrt nicht gehalten werden kann. Durch den Wegfall der Lotsenübernahme und die zügigeren Anlegemanöver wird sich in Zukunft die Fahrzeit sicherlich verringern. Dennoch ist zwischen Helgoland und Cuxhaven deutlich geworden, daß die "Vargøy" in Bezug auf die Größe des Schiffes stärker motorisiert ist als die "Flying Viking" und somit das schnellere Schiff ist. Und die Geschwindigkeit ist bei einem High-Speed-Cat eine ja doch nicht unwichtige Größe. Mir persönlich fällt die bereits fahrplanmäßig pro Strecke um 40 Minuten längere Fahrzeit von "Flying Viking" gegenüber "Vargøy" etwas zu groß aus. Ob dabei die planmäßigen Zeiten von "Flying Viking" überhaupt noch erreicht werden können, muß die Saison zeigen. Deutlich negativ auf die Fahrzeit wirkt sich auf jeden Fall der Stop in Wedel aus, der in beiden Richtungen etwa 15 Minuten kostet. Aufgrund der Größe des Schiffes wird bei "Flying Viking" auch der Zwischenhalt in Cuxhaven zeitintensiver sein. Es dauert einfach länger, bis die entsprechende Anzahl an Personen das Schiff bestiegen hat. Genutzt wurde bei der Jungfernfahrt nur eine Gangway.

Fazit:
Die Reedereien FRS und Speedways scheinen unterschiedliche Prioritäten zu setzen. Während die FRS auf das größere und topmoderne Schiff mit guter Aussicht und Am-Platz-Service auf allen Sitzplätzen baut, setzt Speedways auf höchste Geschwindigkeit und längeren Inselaufenthalt. Dies sollte auch der Fahrgast bei der Wahl der Verbindung berücksichtigen. Und wem es im Katamaran am maritimen Ambiente mangelt, der kann immer noch auf die traditionelle Seereise mit MS "Wappen von Hamburg (III)" einschließlich Ausbooten auf der Helgoländer Reede zurückgreifen.

"Flying Viking" war noch bis Mitte September 2002 im Helgoland-Einsatz tätig. Danach wurde das gecharterte Schiff wieder an die Norwegische Bauwerft zurückgegeben. Die Helgolandfahrten bis zum Ende der Saison übernahm dann wieder der "Hanse Jet II".

Ab Mai 2003 wird dann ein "Flying Viking" sehr ähnlicher Neubau, jedoch noch etwas größer in den Abmessungen, für 585 Personen den Verkehr aufnehmen. Dieses Schiff wird dann Eigentum der FRS sein und als Heimathafen Hamburg am Heck tragen. Ein Name steht noch nicht fest.


 © 2002 / 2003    Alexander David

    Letzte Aktualisierung: 13.02.2003